Wir trauern um unser langjähriges Mitglied Sabine Pochhammer - Erinnerungen von Oliver Schütte und Katharina Reschke
Am Samstag, den 26. August ist die geschätzte Autorin und langjähriges Mitglied Sabine Pochhammer verstorben. Wir veröffentlichen hier zu diesem Anlass die persönlichen Worte von Oliver Schütte und Katharina Reschke:
Am Samstag, den 26. August ist unsere liebe Freundin Sabine Pochhammer von uns gegangen.
Oliver Schütte
Diesen Satz hättest Du zu Recht jedem Autor als Klischee deutlich gemacht, aber - sei’s drum: Du musstest viel zu früh gehen. Dein Weg als Drehbuchautorin und -beraterin war nicht von Anfang an vorgezeichnet. Im Studium hast du dich zwar auch für Film interessiert, mehr aber für Theater und Literatur. Damals haben wir uns auch kennengelernt. Aber bereits Deine Dissertation, die Du nie abgeschlossen hast, hatte ein filmisches Thema. Ich hatte das Gefühl, dass Du als Dramaturgin auch für die Drehbuchentwicklung prädestiniert bist, und so warst Du nach einigen Umwegen ab 2000 im Stoffentwicklungsprogramm der Master School Drehbuch als eine von vier Gruppenleiter:innen tätig. Als Dramaturgin hattest Du ein unvergleichliches Gespür für die Entwicklung von Drehbüchern. Mit Ruhe und entschiedener Klarheit hast Du Deine Autor:innen betreut. Und dann hat Dein Drehbuch für die „Herbstzeitlosen“ in der Schweiz alle Rekorde gebrochen und von da an war Deine zweite berufliche Heimat die Schweiz. Du hast Drehbücher geschrieben, Stoffe betreut und auch unterrichtet. Was mich immer beeindruckt hat, war die Präzision und Autorität, mit der Du alles ausgefüllt hast. Doch jenseits Deiner beruflichen Erfolge verliere ich eine sehr enge Freundin, mit der ich einen langen Weg gemeinsam gegangen bin. Jetzt können die da oben von Deiner Kompetenz profitieren. Das ist wenigstens ein Trost.
Katharina Reschke
Ich werde nie jenen Anruf vergessen, als Sabine mir vor nunmehr fast zwei Jahren mitteilte, dass man etwas in ihrem Körper gefunden hat, das dort nicht hingehörte. In den nunmehr 25 Jahren, die ich mit ihr befreundet sein durfte, habe ich Sabine nie so gefasst und weitsichtig erlebt, wie zu diesem Zeitpunkt. Sie wünschte sich, dass nur wenige Menschen in ihrem Umkreis von ihrer Diagnose erfuhren, denn sie wollte so gut und so lange es ging „die Normalität“ leben. Sie wollte nicht, dass ihr Leben plötzlich eines im Zeichen der Krankheit ist. Über lange Strecken hinweg ist es uns allen gelungen, das Damoklesschwert, das fortan über ihr und uns schwebte, auszublenden und, das Leben zu genießen, schöne gemeinsame Stunden zu kreieren, zu hoffen und stark zu bleiben. Sie hat bis zuletzt gekämpft. Irgendwann musste sie loslassen und sich dem Schicksal übergeben.
An einem der sommerlichen Abende, die ich bei ihr auf der Palliativstation verbrachte, sprachen wir über den nahenden Tod. Sie sagte dabei: „Wir vergessen viel zu oft, was für ein Geschenk es ist, einfach nur über den Flur gehen zu können oder eine Stunde auf einem Stuhl zu sitzen. Wir richten unseren Blick viel zu sehr auf den Alltagsärger.“ Und gleichzeitig sagte sie: „Ich bin in Frieden. Ich habe ein wunderschönes und erfülltes Leben gehabt. Es gibt nichts, was ich noch unbedingt hätte tun wollen.“
Sabine war einer der „feinsten“ Menschen, die ich kenne. Sie verfügte über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und über ein immens großes Herz. Wer mit ihr befreundet war, genoss uneingeschränkte Unterstützung, Liebe und Zuspruch. Sabine hatte für Menschen ein extrem gutes Gespür, was sie auch in ihrem Beruf so begehrt und erfolgreich machte. So wie sie als Dramaturgin zielgenau in die Wunden eines vorliegenden Stoffes traf, verschonte sie auch ihre Liebsten nicht vor ihrer Ehrlichkeit. Sogar als sie kaum noch die Kraft zum Sprechen hatte, machte sie mir zuletzt mit strengem Blick und ohne einen Widerspruch hinzunehmen klar, dass ich ein schwieriges Arbeitsverhältnis umgehend beenden solle, denn die Mühe lohne nicht.
Sabine, du hast ein Loch in unserer Mitte geschlagen. Du fehlst und wirst schmerzlich vermisst! Mögest du nun wieder Leichtigkeit empfinden und von all den anderen wunderbaren Menschen, die bereits vor dir gehen mussten, liebevoll empfangen werden. In unseren Herzen und unserer Erinnerung lebst du ewig weiter!