"Drehbuchschreiben heißt auch: Heilen durch Geschichten." Gedanken zur aktuellen Lage von VDD-Vorstand Brigitte Drodtloff
Man könnte meinen, Zeiten der Isolation machen einen besonders kreativ.
Man könnte meinen, wenn alles um einen still und ruhig ist, sprudeln die Ideen und die Storys wie von selbst.
Man könnte meinen, das ist der Traum eines jeden Künstlers - endlich zu sich selbst zu finden und ungestört zu kreieren.
In den letzten Jahren bin ich irgendwie ständig unter Zeitdruck gewesen. Ich habe mir Ruhe, Stille und eine Auszeit gewünscht. Terminabgaben und -absagen überlappten sich, Reisen zu Dreharbeiten, Drehbuchbesprechungen und Meetings überschnitten sich, Treffen mit den unterschiedlichsten Menschen und Interessen raubten mir den Atem und den Schlaf.
Von einem Tag auf den anderen kam die aufgezwungene Auszeit, der Stillstand.
Wie heißt es schön: Pass auf, was du dir wünscht. Denn diese Ruhe fühlte sich nicht gut an. Jeden Tag habe ich auf Neuigkeiten gewartet, stundenlang telefoniert, ge-zoomt, ge-facetimed und auf gute Nachrichten gewartet. Ich wollte Klarheit, um zur Ruhe zu kommen. Denn der Shutdown hat mich unruhig und nervös gemacht.
In dieser wartenden Unruhe war auch die Kreativität im Lockdown. Nun ist jedem klar, dass es noch lange kein Zurück in die gekannte Normalität gibt.
Quo vadis nun mit den Gedanken, Storys, Bildern, die darauf warten zu Drehbüchern geformt zu werden? Was und wie erzählen wir? Was wollen wir sehen und was würden wir weiterempfehlen?
Aus Krisen kommt man bekanntlich gestärkter hervor. Das stimmt. Denn in den letzten Wochen ist vieles passiert, was mich gestärkt hat: Ich habe in dieser Zeit unheimlich viel gelacht. Es gab noch nie eine solche Überflutung der sozialen Medien mit Videos, Witzen und Memes über den Virus und dem Verhalten verschiedener Machtmenschen.
Ich habe in den letzten Wochen eine seltene emotionale Verbundenheit mit Verwandten, Freunden und Bekannten auf allen Kontinenten gefühlt. Ich habe in dieser Zeit eine unglaublich starke, gegenseitige Hilfsbereitschaft und ein ständiges Mutmachen zum Durchhalten von KollegInnen erlebt.
Und noch etwas hat sich - uns allen - in dieser aufgezwungenen Auszeit gezeigt: Die Filme und Serien haben den meisten über diese Wochen der Quarantäne hinweggeholfen, dem Alltag zu entfliehen und sich besser zu fühlen. Nun sollte es eigentlich jedem Entscheidungsträger in der Politik und Wirtschaft klar geworden sein: Ohne Drehbuch - kein Film. Ohne Film - keine Seelennahrung. Ohne Seelennahrung - keine Heilung.
In diesem Sinne, bin ich wieder motiviert, zu schreiben. Die Ideen sprudeln hervor, die Geschichten kommen wie von selbst, die Bilder zeigen mir den Weg zu wunderbaren Drehbüchern. Jetzt warten wir nur noch auf die magischen Worte: "Action" & "Film ab" Dann finden wir zu einer neue Normalität - und vielleicht zu einer besseren.
Brigitte Drodtloff
Vorstand VDD