Rückblick: Bilder einer Stoffentwicklung – Lara, 17.11.19 im Literaturhaus Köln
Neue Location – bewährtes Konzept. Die dritte Ausgabe der VDD/VeDRA-Veranstaltung „Bilder einer Stoffentwicklung“ fand dieses Mal im Literaturhaus Köln statt. Das Interesse war groß, die Reihen gut gefüllt.
Thema des Abends war der Film „Lara“ inszeniert von Regisseur Jan-Ole Gerster („Oh Boy“) mit Corinna Harfouch in der Titelrolle, der Anfang November in die Kinos gekommen ist. Vorher hatte er bereits auf dem Münchner Filmfest Aufsehen erregt und auf dem Internationalen Filmfestival in Karlovy Vary den Spezialpreis der Jury überreicht bekommen. Das Drehbuch stammt vom slowenischen Autor und Regisseur Blaž Kutin. Aber wie fand das Drehbuch seinen Weg aus Slowenien nach Deutschland? Und wie hat es sich von seinen Anfängen bis zur Drehfassung entwickelt? Darüber sprach Mika Kallwass, Drehbuchautorin und Dramaturgin (VDD/VeDRA), mit Drehbuchautor Blaž Kutin und seinem beratenden Dramaturgen Franz Rodenkirchen.
Bilder einer Stoffenentwicklung LARA: u. a. mit Autor Blaž Kutin und Dramaturg Franz Rodenkirchen (mittlere Reihe. 2. u. 3. v. l.) sowie Moderatorin Mika Kallwass (vordere R. 2. v. r.)
Eine Drehbuchentwicklung ist kein 100-Meter-Sprint – eher ein Marathon. Das weiß man. Wenn dieser aber 13 Jahre von der ersten bis zur letzten Fassung dauert, ist das doch die Ausnahme. 2006 hatte Blaž Kutin die Einstiegsszene eines Films im Kopf: Eine Frau steht vor einem Aufzug, ihr Nachbar kommt dazu. Die Aufzugtür öffnet sich, dahinter ein leerer Schacht. Die Frau verabschiedet sich vom Nachbarn und springt in den Schacht. Also setzte sich Blaž Kutin hin und schrieb die erste Fassung seines Drehbuches. Kein Exposé, kein Treatment, gleich die erste Fassung. Und auch sonst hielt er sich nicht an Drehbuchkonventionen. Beinahe ein bisschen stolz behauptet er, keine Ahnung von Drei-Akt-Struktur und Ähnlichem zu haben.
Mit diesem Drehbuch bewarb sich Blaž Kutin bei einem europäischen Drehbuchprogramm, wurde genommen und lernte dort den Dramaturgen Franz Rodenkirchen kennen. In den folgenden 13 Jahren entwickelten sie gemeinsam das Drehbuch weiter und besuchten weitere europäische Drehbuchprogramme. Rodenkirchens Aufgabe als Dramaturg war in seinen Augen dabei „to make the author´s ideas clearer“. Was bedeutet das konkret für „Lara“?
Um diese Frage zu klären wurden wie immer bei den „Bildern einer Stoffentwicklung“ Schlüsselszenen der ersten Fassung von Schauspielern, dieses Mal von Marita Breuer, Lea Oreyzi, Justus Maier und Hanfried Schüttler szenisch gelesen und dann den jeweils gedrehten Szenen aus dem Film gegenübergestellt. Hier muss man noch erwähnen, dass die letzte Fassung von Blaž Kutin noch vom Regisseur des Films, Jan-Ole Gerster, nach Deutschland transferiert wurde. Blaž Kutins Version spielte noch in Ljubljana, Jan-Ole Gerster verlegte die Geschichte nach Berlin.
Auffällig bei allen Gegenüberstellungen der Szenen der ersten Fassung und denen der Drehfassung war eine Zuspitzung der Konflikte. Waren in der Ursprungsfassung die Figuren noch ambivalenter angelegt, wurden sie in der Drehfassung deutlicher positioniert. Lara zur Freundin ihres Sohnes, zu ihrer Mutter, bzw. ihre Mutter zu ihr und letztendlich Lara zu ihrem Sohn. Ein bisschen bedauert man, das Ursprungsdrehbuch nicht ganz zu kennen. Wäre interessant zu wissen, wie sich die Geschichte mit den ambivalenteren Figuren entwickelt hat.
Leider musste die angekündigte anschließende Vorführung des Films „Lara“ aus technischen Gründen ausfallen. Dem Drehbuchautor war es ganz recht. Mit Projektion und Ton im Literaturhaus war er nicht so glücklich. Dafür blieb mehr Zeit für Gespräche bei Kölsch, Wein und Bretzeln über den Film und eigene „Marathonläufe“.
Dirk Udelhoven (VDD)
Der VDD sagt: herzlichen Dank an alle Beteiligten, die tolle und kollegiale Zusammenarbeit mit VeDRA, Kulturamt Köln und Filmbüro NW sowie insbesondere an Katharina Amling, VDD Vorstand NRW, für die Organisation, sowie Marcus Seibert vom VDD Ausschuss NRW, der kurzfristig für ein Grußwort eingesprungen ist.
Wir freuen uns auf eine Neuauflage 2020!
Bilder einer Stoffentwicklung - der Kinofilm LARA (B: Blaz Kutin, R: Jan-Ole Gerster, P: Schiwago Film)
Eine Veranstaltung von VDD und VeDRA
Mit Unterstützung von Filmbüro NW
Gefördert vom Kulturamt Köln